Cusco – Santiago de Chile
- Um Dezember 28, 2010
- Von mtank
- In Reisetagebuch
- 0
Tja, obwohl Chile in Suedamerika das einzige Land der ERSTEN WELT ist – ist grad mein Bericht, fuer den ich 1 Stunde aufgewendet habe, abgestuerzt und ich habe einen Hals…
Ich sitze also in Santiago de Chile in einem 4-Sterne-Schuppen in der Naehe des Flughafens und freue mich, dass ich morgen auf die Osterinsel fliege. Ausser einem Joghurt hab ich heute nix gegessen, und die Stadtrundfahrt kann ich auch vergessen, weil ich den Bericht ja noch mal schreiben muss. Wer weiss, wann ich wieder Internet habe – das hier in Hotels und Hostels fast immer kostenlos ist und als Service gilt. Da koennten sich die deutschen Hotelketten mal ein Stueck von abschneiden.
Aus Cusco bin ich mit dem Bus zum Titicacasee gefahren. 10 Stunden mit 5 Stopps an interessanten historischen Staetten. In Puno hab ich den Weihnachtsmarkt besucht (kleine Staende mit blauer Plastikplane – ist ja Regenzeit) – wobei man sich permanent buecken muss, weil das nicht fuer europaeisches Mass gemacht wurde.
Am naechsten Tag ging es mit dem Boot auf den Titicacasee, zusammen mit einer australischen Highschool-Klasse, die, anlaesslich eines Sportfestes, eine Rede von Kerri Pottharst (Olympiasiegerin 2000 im Beachvolleyball – und gleichzeitig mein wichtigster Kontakt in Sydney) gehoert hat. So klein ist die Welt.
Titicaca hat uebrigens weder etwas mit der weiblichen Brust noch mit kindlicher Defaecation zu tun, es bedeutet auf Quechuan (Inka-Sprache) „Pumafelsen“.
Ich fahre also nach Taquile, einer 3 x 1,5 km grossen Insel, deren Bewohner nach strenger Tradition leben. Die Kleidung von Mann und Frau zeigt den Status an: Verheiratet Maenner tragen eine Muetze aus roter und blauer Wolle, unverheiratete haben eine rot-weisse Muetze. Stricken tun hier nur Maenner -und zwar immer, egal wo sie gerade stehen. Frauen spinnen Wolle im Gehen, waehrend sie schwere Lasten auf den Ruecken gebunden tragen. Maedchen signalisieren ihren Status mit der Farbe des Rocks und den angebrachen Puscheln. Heiraten darf nur, wer mit dem Partner zuvor 2 Jahre erfolgreich zusammengelebt hat. Scheidung ist hier ausgeschlossen.
Ich uebernachte mit Guide bei einer Familie ohne Strom und fliessend Wasser, weil die Kooperartive beschlossen hat, keine Hotels zuzulassen. Nette Erfahrung.
Am Folgetag darf ich als einziger Passagier das 20-Sitze-Boot nach Hause steuern, ich kann also jetzt behaupten auf dem Titicacasee Kapitaen gewesen zu sein.
Ich werde zur bolivianischen Grenze und dann nach La Paz gebracht. Im Hostel (120 Kids feiern Weihnachten) bin ich fehl am Platz und denke kurz ueber ein Hotel nach. Aber da ich ja 16 Jahre Bundeswehr-Erfahrung habe, beschliesse ich, im 6er Zimmer die Herausforderung „Etagenbett oben“ anzunehmen. Mit Ohropax geht‘s, aber ein richtiger Kontakt ist mit diesen Kids nicht drin.
Heiligabend habe ich dann eine 64 km Down Hill Mountainbike Tour unternommen, im stroemenden Regen von 4700m auf 1300m runter. https://madness-bolivia.com/downhill.php?lang=id2
Beste Raeder und super Organisation – dennoch: Alles war nass. Ich habe dort Reinhard kennengelernt, der Arzt in Tirol ist und neben Mountainbiken auch Paragliding und Tauchen betreibt. Er ist 52 und wir alten Saecke haben es den Jungen noch mal gezeigt. Wir waren immer vorne dran und mussten bremsen, weil wir den Guide nicht ueberholen durften. Gewicht zieht eben runter 🙂 und Technik ist auch wichtig.
Am naechsten Tag ging es per Auto nach Oruro, weiter mit dem Zug (8h) nach Uyuni, zum groessten Salzsee der Welt. Nach einer Uebernachtung (als einziger Gast in einem netten Hotel) konnten wir zwar kurz auf den See (Man faehrt auf der schwimmenden Salzkruste), die geplante Durchquerung (165km) war wegen der Regenfaelle der Vortage aber zu gefaehrlich.
Also blieb Zeit das Knie von Suzi, der Hotelbesitzerin, zu heilen, die seit 1995 Schmerzen hat und bei einer Kernspinnuntersuchung in den USA 1995 fuer gesund erklaert wurde. Der Lohn fuer 15 Min Arbeit war ein T-Shirt von Minuteman, der besten Pizzeria in Uyuni (laut Lonely Planet), die von Eric, Suzis Mann, betrieben wird.
Nach einem Besuch in San Cristobal, einer Bergarbeitersiedlung an der zweitgroessten Freiluftmine der Welt, deren Kirche wegen der Mine verlegt und Stein fuer Stein wieder aufgebaut wurde, ging es ans Ende der Welt. Eine Herberge an der Strasse nach Sueden (die Hauptverkehrsstrasse nach Chile ist eine Schotterpiste) – ohne Strom, war unsere Bleibe fuer die Nacht. Der Fahrer kochte auf einem mitgebrachten Gasherd das Essen: Lama mit Reis und Tomaten.
Am Morgen ging es weiter an schneebedeckten 5800ern vorbei zu Lagungen, deren Farben von den geloesten Mineralen abhaengen und die rot, gruen, weiss oder blau erscheinen. Die letzten frei lebende Vicunias (fein gebaute Lamas, die eine besondere Wolle haben, so dass eine Decke bis 1000 $ kosten kann), Viscachas (Hasen mit langem Schwanz) und jede Menge Flamingos, sieht man vom Auto aus. Fumarole aus Schlammfontaenen sind eine Attraktion auf 4900m und bei etwa 4600m liegen Thermalquellen mit ca. 35 Grad heissem Wasser – in die ich mich fuer 15 Minuten gelegt habe.
Die Uebergabe an der chilenischen Grenze klappte perfekt. Nachdem der Grenzerarsch – man darf keine frischen Lebensmittel einfuehren (Das wusste ich ja, aber er wollte partout alles untersuchen und weigerte sich mit mir englisch zu sprechen und da kann ich denn ja auch stur werden) – die Freigabe erteilt hatte, wurde ich in meinem Hostel abgeladen.
Ich tauschte Geld und wollte eine Tour zu den Observatorien machen, die hier aufgebaut sind, weil es fast nie Wolken gibt und die Luft trocken und nahezu flimmerfrei ist. Aber es gab keinen freien Platz mehr 🙁
Also blieb nur essen und lesen. Am Morgen erfolgte mit 45 minuetiger Verspaetung die Abholung zum Flughafen, der knapp 100 km entfernt liegt. Chile (MSZ +4) ist uebrigens eine Stunde vor Boliven (MSZ +5), obwohl es westlicher liegt. Warum, weiss hier niemand.
Im Bus lerne ich Anna aus Amersbek bei HH kennen, die fuer die Adenauerstiftung in Santiago arbeitet und gerade einen Besuch von Nobbi Bluem vorbereitet. Minister gewesen zu sein scheint Vorteile zu haben. Wir unterhalten uns und ich verschenke mein vorletztes, gerade ausgelesenes, Buch. Heute Abend darf ich mich um ihre Migraene kuemmern, dafuer zeigt sie mir die Stadt und ein nettes Restaurant.
Morgen gehts frueh auf die Osterinsel. Dort werde ich das neue Jahr, ein bisschen spaeter als Ihr, begruessen. Nach knapp 2 Wochen im „Hoehentrainingslager“ weiss ich hier unten in Santiago gar nicht, wo ich mit der ganzen Energie hin soll 🙂