Vorbereitung I – Grand Slam Berlin
- Um Juli 15, 2012
- Von mtank
- In London 2012
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Bis Mittag habe ich Praxis gemacht, dann geht es noch schnell zum Steuerberater, nach Hause, um die Sachen zu packen und dann auf die Autobahn nach Berlin. Ohne geblitzt zu werden komme ich diesmal an und beziehe mein Zimmer im Hotel pro arte maritim in der Friedrichstrasse. Kaum da, bekomme ich die ersten SMS, wer mich sehen will. Ich habe den Passivimpfstoff für die Olympiateams dabei, der helfen soll, dass niemand vor dem Großereignis krank wird. Ein Spieler hat Angst vor Spritzen und verzichtet, alle anderen sind mutig. Dann folgen die üblichen Checkups, die immer dann nötig werden, wenn ich die SpielerInnen länger nicht gesehen habe.
Am Dienstag geht es bei durchwachsenem Wetter morgens um 8 per Shuttle zu den Court an der Waldbühne. Ich war noch nie da und sehe erstmals das unter Hitler gebaute Gelände mit Olympiastadion, Glockenturm und Waldbühne. Es ist auch nach fast 80 Jahren noch immer eindrucksvoll. Was mir nicht schmeckt, ist die Tatsache, dass der Centercourt, also der Platz auf dem üblicherweise die meisten deutschen Teams spielen, der unten in der Waldbühne ist. Fast 150 Stufen muss ich hinab und mehrmals täglich mit Arztkoffern wieder hinaufsteigen. Gift für die lädierten Knie.
Sportlich läuft es nicht schlecht, das Wetter ist zunächst noch gnädig und es bleibt, bis auf kleine Schauer, trocken. In so fern ist es eine gute Veranstaltung. Allerdings finden kaum Zuschauer den Weg, denn Laufkundschaft gibt es hier nicht. Man muss schon gezielt hierher fahren. Die Werbung in der Stadt scheint nicht ausgereicht zu haben, denn es ist leer.
Sideevents, Bandcontest, Modelcontest und Popmusikkonzert locken nicht die erwünschten 20000 Gäste an. Der Versuch einen Weltrekord mit 18 000 Zuschauern bei einem Beachvolleyballturnier zu schaffen scheitert kläglich. Es kommen an allen Tagen zusammen nicht einmal 20 000. Zum Wochenende, also als die Halbfinals und Finals gespielt werden sollen regnet es in Strömen. Dazu scheiden die deutschen Männer früh aus. Nur das Berliner Duo Holtwick/Semmler bei den Damen erreicht die letzten Vier und spielt am Abschluss tag noch.
Ich bringe meine Gummistiefel zum Einsatz, werde belächelt, aber sitze halbwegs trocken und tue mein möglichstes, damit unsere Teams spielen können. Sportliche Überraschung war sicherlich der Sieg von Klemperer/Koreng, die knapp die Olympiaqualifikation verpasst haben (genauer: die qualifiziert sind, aber nicht starten dürfen, weil es zwei deutsche Teams gibt, die besser sind), gegen unsere Nummer eins Brink/Reckermann.
Klemperer und Koreng zeigen trotz Schulterverletzung von Erik, den ich im Spiel mehrmals behandeln muss, ihre beste Saisonleistung. Auch im Viertelfinale gegen die USA spielen sie großartig. Ich stelle fest, dass sie zurück sind in der Weltspitze. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht weiß, ist dass David beschlossen hat, in diesem Moment seine Karriere zu beenden. Mich erreicht nur eine SMS von Erik, das Klagenfurter Turnier verletzungsbedingt abzusagen. Ich wundere mich, weil ich die Schulter eigentlich im Griff hatte und er aus meiner Sicht damit hätte spielen können.
Erst am Montag erfahre ich aus der Zeitung, dass es das letzte Spiel der beiden gewesen sein soll. Über die Hintergründe mag nun viel spekuliert werden. Ich kenne beide gut und weiß auch einige Dinge, die nicht in die Öffentlichkeit gehören. Ich verneige mich vor David, der aus seiner Sportkarriere sicherlich das Optimum gemacht hat, Olympiafünfter und WM-Vierter wurde, und dafür hart gearbeitet hat, denn sein Talent war begrenzter als das vieler Kollegen. Und er hat ein Studium neben dem Leistungssport abgeschlossen, – auch das können nicht viele von sich sagen.
Alles Gute David Klemperer!