Klagenfurt
- Um Juli 20, 2012
- Von mtank
- In London 2012
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Aufstehen um 7.30, exzellentes Frühstück und dann Empfang der vorreservierten Fahrräder. Klappt leider nicht, meines lässt sich nicht einstellen, die Schraube für die Sattelverstellung ist kaputt und nicht zu lösen, – eine Alternative gibt es auch nicht, also radeln wir, Scouts und ich, zum Venue, ich fühle mich wie ein Affe auf dem Schleifstein… meine Knie fühlen nichts mehr. Rucksack auf dem Rücken, Arzttasche auf dem Gepäckträger kauere ich hinter dem Lenker…
Die Spielpläne sind klar, kurzer Halt am Aufwärmcourt, Gesicht zeigen, damit die Spielerinnen wissen, dass ich da bin, dann geht’s zum Akkreditieren und in die Katakomben unter dem Stadion, in denen die Medizin untergebracht ist. Es ist laut und das Wummern der Bässe lässt die Behandlungscontainer vibrieren. Nette Österreicher, alles Schulmedizin, kommen aus einem namhaften Medizinzentrum. Leider ist die Arbeitsqualität der Mitarbeiter nicht so gut, wie die protzigen Firmenautos vermuten lassen.
Dennoch- Klagenfurt ist das beste Volleyballturnier der Welt, schon seit fast 15 Jahren, und es ist das größte Sportereignis Österreichs, noch vor Skiabfahrten oder Fußballspielen. Tausende campen hier, um die wenigen kostenlosen Tickets zu ergattern, der Aufbau ist gigantisch, das Sponsoreninteresse macht es möglich. So ein Aufbau kostet mehrere Millionen, allein der VIP-Bereich ist 2-stöckig und so groß wie eine Turnhalle. In den See (Wörthersee) sind ein Spielerbereich und eine VIP-Bereich mit Bootsanleger auf Schwimmpontons gebaut, die Spieler und Betreuer springen nach den Spielen gerne ins warme Wasser des Sees. Urlaubsfeeling für alle. Die meisten Spieler reisen mit Familie an und machen nach dem Ausscheiden noch ein bisschen Urlaub hier. Auch ich springe in den See, Abkühlung ist kaum anders zu erreichen.
Es gibt lecker Essen für die Spieler, zu dem wir Betreuer leider keinen Zugang haben, – wir können uns bei einem der Caterer hier Backwaren oder Fastfood kaufen,- normalerweise. Freundliche Spieler bringen uns aber tellerweise von dem Essen und niemand muss darben.
Besonderer Service und bisher nur in Klagenfurt erlebt, ist der freie Zugang aller Akkreditierten zu Obst, Getränken der Sponsoren Rauch und Redbull sowie zu einem Kaffeeservice, bei dem hübsche und vor allem freundliche Hostessen Latte macciato oder Espresso etc. servieren.
Überhaupt fällt eine herzliche Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft auf, die es so auf keinem anderen Turnier gibt. Sportlich läuft alles nach Plan, drei deutsche Damenteams sind angereist, eines der Olympiateams (Holtwick/Semmler) ziehen es vor, nicht zu spielen. Alle erreichen die zweite Runde, in der dann aber für zwei bereits das Aus kommt. Nur Goller/Ludwig, unser Damenteam Nummer eins erreicht das Viertelfinale. Da ist allerdings Schluss nach großem Kampf gegen die Holländerinnen. Wirklich gut gespielt und nix dafür bekommen, das nagt.
Alle Männerteams, die erst am zweiten Tag ins Turnier eingreifen, werden in ihren Pools erste, überspringen somit die erste k.o.-Runde und spielen morgen im Viertelfinale.
Nachdem ich doch einiges an Arbeit hatte, liegt nun der Focus noch auf drei Teams, eine Erleichterung. Üblicher Ablauf ist der Kontakt der Spieler vor dem Spiel mit der Physiotherapeutin und mit mir, wobei ich nur tätig werde, wenn es Probleme gibt. Im Spiel,- leider spielen wir meistens parallel auf verschiedenen Plätzen- sitze ich bei den Teams, die am ehesten Probleme erwarten lassen. Bei Olympia werde ich bei allen Spielen dabei sein.
Problem hier in Klagenfurt ist die Hitze. 33 Grad im Schatten, über 40° auf den Plätzen, fordern Adaptationsvorgänge, die nicht leicht zu bewältigen sind. Das Problem ist, dass wir in der Woche zuvor bei 16 Grad im Berliner Regen gespielt haben. Eine schnelle Umstellung an die Hitze gelingt auch Trainierten nicht. Unsere Erfahrungen aus 20 Jahren Beachvolleyball kommen zum Tragen. Meine Teams bekommen Elektrolyte zu trinken und werden in den Auszeiten mit Eis abgerieben. Kühlwesten, die die Spieler eigentlich haben und anziehen sollen, sind aus deren Gedächtnis und den Spieltaschen leider verschwunden- ein Umstand, der bei Profis eigentlich nicht zu erwarten ist.
Es gelingt uns, dafür zu sorgen, dass die Gesundheit stimmt, alles andere ist Aufgabe der Trainer und Spieler selbst. Wir üben hier Zusammenarbeit. Die Spieler müssen verstehen, was ich kann und sehe, und was ich dann will, dass sie es tun. Dazu braucht es gemeinsame Erfahrung und Vertrauen. Ich kann erkennen, wenn jemand Schwächezeichen zeigt, oft, bevor der Spieler es selbst merkt und schon reagieren, bevor es zum Problem wird.
Morgen in der zweiten k.o.-Runde gibt lösbare Aufgaben, aber bisschen Schwund ist meistens. Ich bin gespannt, wer das Viertelfinale erreicht. Nur wenn wir mit mindestens einem Team das Halbfinale erreichen, hab ich am Sonntag noch eine Aufgabe. Ansonsten muss ich mich um eine Umbuchung kümmern. Es wird ohnehin knapp. Nach derzeitigen Planung ,lande ich am Sonntag abends gegen 21.30 in HH, muss in der Praxis meine Koffer auffüllen und dann zu hause für London packen. Um 8.10 morgens habe ich einen Arzttermin, gegen 12h muss ich am Flughafen sein, dann geht’s direkt nach London. Wünsche nach Behandlung durch Volleyballer, die nicht in London dabei sind, muss ich ablehnen. Auch ich muss mal schlafen und durchatmen.
21.7.
Wir hatten heute 12 Stunden Dauerregen und ich durfte 14 lange Sätze im Regen sitzen, frieren und mit ansehen, wie zwei 5.Plätze gewonnen wurden.
Nach einem Blitzeinschlag am Nebencourt wurde zunächst das Spiel dort unterbrochen, dann wurde das gesamte Stadion geperrt und der Spielbetrieb auf die Außencourts verlegt. Alle VIP´s, die bis zu 2380€ für ein 3-Tage Paket mit Loungezugang und VIP-Kontakt (Udo Jürgens, Franz Klammer etc) bezahlt hatten, gingen leer aus. Die Italiener traten zum Achttelfinale nicht an, die Chinesen nicht zum Viertefinale uind die chinesischen Damen kommen nicht zum Halbfinale morgen, weil die chinesische Olympiamannschaft morgen nach London reist und sie dabei sein müssen.
Immerhin hat es aufgehört zu regnen und seit heute abend ist es trocken.
Nach einem netten Abendessen mit dem Team von Julius Brink, den Scouts und der Medizin gehe ich jetzt ins Bett. Morgen darf ich in Klagenfurt abhängen bis mein Flieger abends gegen 18.30 geht, eine Umbuchung scheiterte heute an der Situation, dass alles überbucht war.
Also werde ich morgen die verbliebenen Sorgenkinder behandeln, vielleicht einige Spiele ansehen und dann für den letzten Count down nach Hause fliegen
Vorbereitung II
- Um Juli 17, 2012
- Von mtank
- In London 2012
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Flug nach Klagenfurt, das letzte Olympiavorbereitungsturnier.
Abflug HH 17.35 mit Lufthansa nach Wien, Umsteigen dort in eine kleine Propellermaschine, die uns nach Klagenfurt bringt. Ich treffe die Holländer, die schon gestern ins Olympische Dorf gezogen sind, ein erstes Training auf der Olympiaanlage gehabt haben und nun in offizieller Mission, d.h. in ihrem Asics-Olympiaoutfit reisen müssen. Der Shuttle bringt mich in mein Hotel und nach dem Einchecken treffe ich Uli und Ron unsere Scouts. Scouts sind diejenigen, die Videos der Spiele anderer Mannschaften aufnehmen und auswerten. Alle Szenen werden analysiert und in eine Datenbank eingegeben und ins Internet gestellt. Damit können alle Trainer (natürlich nur die deutschen) auf die Daten zugreifen, wenn sie im Training oder zur Spielvorbereitung Taktiken ausarbeiten.
Nach einem Bierchen und dem Bericht, wie die beiden mit der Physiotherapeutin Renate in knapp 10 Stunden mit dem Auto aus Münster nach Klagenfurt gefahren sind, gehe ich schlafen. Renate arbeitet schon im Spielerhotel, das knapp 2 km entfernt ist.
Vorbereitung I – Grand Slam Berlin
- Um Juli 15, 2012
- Von mtank
- In London 2012
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Bis Mittag habe ich Praxis gemacht, dann geht es noch schnell zum Steuerberater, nach Hause, um die Sachen zu packen und dann auf die Autobahn nach Berlin. Ohne geblitzt zu werden komme ich diesmal an und beziehe mein Zimmer im Hotel pro arte maritim in der Friedrichstrasse. Kaum da, bekomme ich die ersten SMS, wer mich sehen will. Ich habe den Passivimpfstoff für die Olympiateams dabei, der helfen soll, dass niemand vor dem Großereignis krank wird. Ein Spieler hat Angst vor Spritzen und verzichtet, alle anderen sind mutig. Dann folgen die üblichen Checkups, die immer dann nötig werden, wenn ich die SpielerInnen länger nicht gesehen habe.
Am Dienstag geht es bei durchwachsenem Wetter morgens um 8 per Shuttle zu den Court an der Waldbühne. Ich war noch nie da und sehe erstmals das unter Hitler gebaute Gelände mit Olympiastadion, Glockenturm und Waldbühne. Es ist auch nach fast 80 Jahren noch immer eindrucksvoll. Was mir nicht schmeckt, ist die Tatsache, dass der Centercourt, also der Platz auf dem üblicherweise die meisten deutschen Teams spielen, der unten in der Waldbühne ist. Fast 150 Stufen muss ich hinab und mehrmals täglich mit Arztkoffern wieder hinaufsteigen. Gift für die lädierten Knie.
Sportlich läuft es nicht schlecht, das Wetter ist zunächst noch gnädig und es bleibt, bis auf kleine Schauer, trocken. In so fern ist es eine gute Veranstaltung. Allerdings finden kaum Zuschauer den Weg, denn Laufkundschaft gibt es hier nicht. Man muss schon gezielt hierher fahren. Die Werbung in der Stadt scheint nicht ausgereicht zu haben, denn es ist leer.
Sideevents, Bandcontest, Modelcontest und Popmusikkonzert locken nicht die erwünschten 20000 Gäste an. Der Versuch einen Weltrekord mit 18 000 Zuschauern bei einem Beachvolleyballturnier zu schaffen scheitert kläglich. Es kommen an allen Tagen zusammen nicht einmal 20 000. Zum Wochenende, also als die Halbfinals und Finals gespielt werden sollen regnet es in Strömen. Dazu scheiden die deutschen Männer früh aus. Nur das Berliner Duo Holtwick/Semmler bei den Damen erreicht die letzten Vier und spielt am Abschluss tag noch.
Ich bringe meine Gummistiefel zum Einsatz, werde belächelt, aber sitze halbwegs trocken und tue mein möglichstes, damit unsere Teams spielen können. Sportliche Überraschung war sicherlich der Sieg von Klemperer/Koreng, die knapp die Olympiaqualifikation verpasst haben (genauer: die qualifiziert sind, aber nicht starten dürfen, weil es zwei deutsche Teams gibt, die besser sind), gegen unsere Nummer eins Brink/Reckermann.
Klemperer und Koreng zeigen trotz Schulterverletzung von Erik, den ich im Spiel mehrmals behandeln muss, ihre beste Saisonleistung. Auch im Viertelfinale gegen die USA spielen sie großartig. Ich stelle fest, dass sie zurück sind in der Weltspitze. Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht weiß, ist dass David beschlossen hat, in diesem Moment seine Karriere zu beenden. Mich erreicht nur eine SMS von Erik, das Klagenfurter Turnier verletzungsbedingt abzusagen. Ich wundere mich, weil ich die Schulter eigentlich im Griff hatte und er aus meiner Sicht damit hätte spielen können.
Erst am Montag erfahre ich aus der Zeitung, dass es das letzte Spiel der beiden gewesen sein soll. Über die Hintergründe mag nun viel spekuliert werden. Ich kenne beide gut und weiß auch einige Dinge, die nicht in die Öffentlichkeit gehören. Ich verneige mich vor David, der aus seiner Sportkarriere sicherlich das Optimum gemacht hat, Olympiafünfter und WM-Vierter wurde, und dafür hart gearbeitet hat, denn sein Talent war begrenzter als das vieler Kollegen. Und er hat ein Studium neben dem Leistungssport abgeschlossen, – auch das können nicht viele von sich sagen.
Alles Gute David Klemperer!
Vorbereitung für London 2012
- Um Juli 05, 2012
- Von mtank
- In London 2012
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Ab dem 10.7. 2012 bin ich mit den Nationalteams zur direkten Vorbereitung auf die Oympischen Spiele in London unterwegs. Nach den Olympischen Spielen (bis 12. August) bin ich wieder in der Praxis.
Einkleidung in Mainz
- Um Juli 04, 2012
- Von mtank
- In London 2012
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Heute ist der Tag! Heute wird die offizielle Nominierungssitzung stattfinden, bei der Funktionäre incl. Ärzte offiziell für die olympischen Spiele nominiert werden. Dieser formale Akt hat Auswirkungen. Erst wenn man offiziell bestätigt ist, kann man zur Einkleidung fahren, bekommt, die Akkreditierungsunterlagen und das Flugticket. Olympiaeinkleidung, – eine besondere Sache: In der Kurmainzkaserne in Mainz ist eine Einkleidungsrundlauf mit verschiedenen Stationen aufgebaut. Die, die gedient haben, werden sich an den Beginn ihrer Grundausbildung erinnern, als es damals die Uniform gab. Heute ist es ähnlich, Bundeswehr Mobiliar und -Personal , unterstützt und organisiert durch Mitarbeiter des deutschen olympischen Sportbundes , gibt an die „Berechtigten“ die Sponsorengeschenke und Ausstattungsgegenstände.
Aber eins nach dem anderen. Gnadenlose Weckzeit auf meinem Wecker zu Hause ist 5 Uhr. Mein Gehirn kennt mich schon seit über 50 Jahren und weckt mich 5 Minuten vor dem Wecker. Das leise Atmen neben mir signalisiert, dass Madame tief schläft, und so soll es auch bleiben. Ich schleiche mich aus dem Schlafzimmer, dusche, ziehe mich an und packe meinen Lesestoff. Auf zum U-Bahnhof und dann zum Hauptbahnhof in Hamburg. Es klappt alles. Ich kaufe mir noch ein Brötchen und steige in den Sprinter, der mich mit nur einem Halt in Hannover in gut 3 Stunden nach Frankfurt bringt. Frühstück gibt es tatsächlich auch im Zug (Ich fahre erster Klasse, weil meine Bahncard dafür sorgt, dass ich nur den Preis der zweiten Klasse bezahlen muss, und der wird vom Volleyball Verband erstattet), dazu kann man kostenlos verschiedene Zeitungen bekommen. Es ist die seit Jahren beste Erfahrung mit der Deutschen Bahn und in Frankfurt holt mich Kirsten, eine befreundete Ernährungsberaterin am Bahnsteig ab. Ein bisschen Sightseeing in FFM, noch mal essen auf ihrem Balkon und dann Stau nach Mainz. Sie bringt mich bis in die Halle, in der die Einkleidung stattfindet und fragt mich, wie erwartet – Frauen sind sooo leicht auszurechnen-, ob ich ihr eine offizielles Einkleidungsshirt für Damen besorgen kann. Kann ich nicht, jedenfalls jetzt noch nicht, weil die erst in London zu tauschen sind. Männershirt gegen Frauenshirt, -wenn man abreist sind solche Tauschgeschäfte häufig, denn jeder will seinem Partner oder seinen Freunden etwas mitbringen.
In der Kaserne findet man meine Unterlagen – lange vorher waren Maßbögen für Adidas und Bogner abzuliefern. Ein großer Einkaufswagen wird heute voll werden. Zunächst bekommen wir 7 Taschen , 6 von Adidas, alle bedruckt mit dem Logo des DOSB. Bauchtasche, Laptoptasche, Toilettenartikel-Tasche, Rucksack, kleine und große Reisetasche, später noch eine von Bogner. Das allererste was es gibt ist die Kleiderordnung, die Regeln für Blog und Internet, Twitter und Medienauftritte und Bilder, was wir alles nicht dürfen. Keine eigenen Logos auf unseren (Arzt- )Taschen, wenn welche drauf sind, müssen sie abgeklebt werden. Die Bognertasche ist inoffiziell und das auf der Reise nicht verwendet werden, denn Reisekleidung ist adidas. Bogner wird bei Empfängen und beim Einmarsch getragen, ansonsten sind wir Werbeträger für den Hauptsponsor.
Wir bekommen Sportschuhe, Adiletten, 2 – Paar Halbschuhe, Trainingsanzug und T-Shirts, Regenkleidung – allerdings keine wasserdichten Schuhe oder gar Gummistiefel. Weiter geht’s es mit Freizeitkleidung dem Einmarschanzug und einigen Accesoires, wie einem karierten Halstuch und dem weißen Hut. Als nach etwa 1 Stunde alles zusammen ist, heißt es packen. Die Kleidung wird nach London transportiert, alles was ich dort haben will, muss ich einpacken. Allerdings darf ich nicht vergessen, meine Reisekleidung an mich zu nehmen, denn die Vorgabe ist: Reise in Adidas. Außer der Unterwäsche wird alles gestellt, incl. Socken. Es gibt 4 Zahlenschlösser, deren Bedienungsanleitung sich allerdings so anhört als sei sie mit Google translate übersetzt. Schließlich gelingt es, die Schlösser auf neue Zahlenfolgen zu programmieren und dann sind die Sachen verpackt, gesichert und zur Abgabe bereit. Nun wird’s haarig. Es ist 15 Uhr, mein Zug nach Hause geht um 16.10. Die offizielle Nominierungssitzung endet um 15 Uhr, wenn sie denn pünktlich ist. Ich darf erst MIT meinen Sachen weg, wenn ich offiziell nominiert bin, also die Email/das Fax aus Frankfurt in Mainz eingegangen ist. Es gibt auch keine Ausnahme, obwohl ich bereits 3 mal alle Überprüfungen bestanden habe und schon zweimal vorher nominiert wurde.
Ich esse etwas – Truppenküche. Es wird eine Portion Kartoffelsalat mit hausgemachter Frikadelle für 2 € angeboten. Das sind Preise, da müsste man eigentlich für 3 essen.
Als ich satt bin ist es immer noch erst 15.30 und nichts Offizielles liegt vor. Ich werde unruhig, muss ich doch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Bahnhof Mainz. Ich gehe an den Counter, – man checkt die Mails – nichts. Also beschrifte ich meine kleine Reisetasche, Name, Verband, Sportart und gebe sie ab. Ein Mitarbeiter fährt mich freundlicherweise in seinem Wagen Richtung Bahnhof . Wir sind grade einige Minuten unterwegs, da geht sein Telefon. „Seid ihr noch auf dem Gelände?“ Die Bestätigung meiner Nominierung ist da. Berufsverkehr setzt ein. Was tun? Zurückfahren und die Sachen holen, riskieren, den Zug zu verpassen? Oder alles so lassen und die Beachvolleyballer, die am Montag eigekleidet werden, bitten, meine Sachen mit nach Berlin zum nächsten Turnier zu nehmen?
No risk- no fun. Wir drehen um, es klappt alles, ich bekomme meine Tasche und den Zug nach Frankfurt. Dort habe ich 8 Minuten zum Umsteigen in den ICE nach Hamburg. Doch auf die Bahn ist Verlass. Bei Ankunft in Frankfurt ist klar, so gut wie alle ICE haben ca. 25 Minuten Verspätung. Wenn ich in meiner Praxis so arbeiten würde wie die Deutsche Bahn, wäre die Praxis voller Leichen. Unfassbar, wie schlecht dieses Unternehmen geführt und strukturiert ist. Ich sitze mir also die Beine in den Bauch auf dem Bahnsteig, die ganze Hektik vorher war umsonst. Mit 40 Minuten Verspätung kommen wir abends in Hamburg an, der Tag endet um 22.30. Ein ganzer Tag, nicht mein erstes Opfer für Olympia.
Der Europameistertitel ist verteidigt
- Um Juni 05, 2012
- Von mtank
- In Teambetreuung
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Julius Brink und Jonas Reckermann konnten bei 10 Grad und Regen in Den Haag den Titel 2012 gewinnen. In ihrem ersten Turnier nach langer Verletzungspause war das nicht zu erwarten und ist deswegen eine besondere Erwähnung wert. Ich freue mich, Teil des Teams gewesen zu sein.
Letzte Meldung
- Um August 21, 2008
- Von mtank
- In Peking 2008
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Nun ist es fast geschafft. Nach 2 Tagen aerztlichen Dienstes in der Zentrale (normalerweise immer ein Internist und ein Orthopaede vorort- gestern habe ich alleine beides gemacht, ich, der Hautarzt), mit einigen fuer die Kollegen doch verwunderlichen Taten (Herzrhythmusstoerungen kann man auch chirotherapeutisch innerhalb von Sekunden beseitigen – da wundert sich der Internist:-)), wollte ich meinen heutigen letzten Tag eigentlich nutzen, um etwas von Peking zu sehen. Nun regnet es wie aus Eimern, und das meine ich woertlich so, bisschen Regen und voruebergehende Schauer gibt’s hier nicht, hier gibt’s nur ganz oder gar nicht, so dass ich nun doch meine letzte Kiste packen und das Appartment der Jungs ausraumen muss, weil die sich mit ihren Maedels im Hotel vergnuegen und ihr Zimmer im Dorf nun von den einreisenden Seglern und Reitern, die verstaendlicherweise zur Abschlussfeier wollen, belegt werden muss. Kann schon sagen, dass Delegationsleiter von 4 Teams ein ziemlich beschissener Job ist, und wenn man dann noch Dienste schieben muss, ist es fast schon unfaehr, zumal ich ja dafuer auch noch teuer bezahle, denn niemand ersetzt mir meinen Praxisausfall.
Aber ich habe doch einiges gelernt:
Zum Beispiel jagt ein Australier, der mit seinem Speer in die Mensa geht sein Essen nicht unbedingt selbst.
Steine koennen singen – zumindest hier im Dorf, wir werden immernoch aus den Steinattrappen, die vor den Haeusern stehen, mit lieblichen Klaengen beschallt
Chinesen sind an sich freundlich, aber sie kontrollieren alles. Wenn man die Zimmerbelegung aendert und die Trainer anders unterbringt, kommen ploetzlich irgendwelche Reparaturtrupps und bauen die Kameras und Mikrophone um (Wirklich so geschehen hier).
Eine wirklich starke Beleidigung ist das „auf die Augen des Gegenuebers zu zeigen“ . Als der Bus nicht fahren wollte, hat Ekke dem Busfahrer deutlich die Meinung gesagt und ihm dabei mit 2 Fingern auf die Augen gezeigt. Der war so fertig, dass er wutentbrannt den Schluessel genommen hat und ganz abgehauen ist, aber sofort kam Ersatz und es ging endlich los.
Die Wahrung des Gesichts ist am Wichtigsten. Wenn man Chinesen ignoriert, trauen sie sich meistens nicht einzuschreiten. So geben wir schon lange nicht mehr unsere Taschen am Mensaeingang ab (Not allowed to take food away), sondern gehen einfach durch, am besten, wenn man den Chinesen dabei in die Augen schaut – das moegen die nicht:-)) – dabei ist es fuer uns soooo einfach stark zu wirken.
Die Eingangskontrolle zu den Wettkaempfen soll eigentlich nur Athleten der gleichen Sportart einlassen. Man nehme also 3 entsprechend akkreditierte Athleten vorweg und 30 Leute laufen einfach hinterher und ueberrennen die Kontrolle(bloss nicht stehen bleiben), klappt bis jetzt immer. So sind wir ohne Ticket zum Handball gekommen, Hockey und Leichtathletik sollen so auch zu besuchen sein.
Ich hab’s leider nur einmal zum Handball geschafft, und bin dann nach dem Ausscheiden im Athletenbus mit den Jungs zurueck gefahren. Ne Beerdigung ist lustiger…
Man lernt auch, dass Chinesen ihre Freundlichkeit sofort verlieren, wenn es um ihre Sportler geht, Fairness gibt’s nicht, da zaehlt nur das eigene Land.
Fernsehbilder und Zeitlupen von chinesischen Athleten zeigen nie die kleinen Fehler, die die z.B. beim Turnen machen.
Inzwischen broeckelt die Farbe ab, der Rost der Balkongelaender kommt durch und der Putz wirft Blasen. Es wird auf den publizierten Bildern alles schoen aussehen, aber die Substanz ist „Made in China“.
Bussfahren mit Dirk Novitzki kann gefaehrlich sein. 25 Chinesen meinten, sie muessen unbedingt noch ein Foto von „Nowalski“haben, als der Bus anfuhr. Haette Verletzte geben koennen.
Selbstverstaendlich nimmt man auch positive Eindruecke und Erlebnisse mit. Einige werde ich nach Ablauf der Publikationssperre (27.8.) hier ins Netz stellen.
Ich hoffe es war ausreichend interessant, der Blog endet hier, ich fliege morgen zurueck.
„Deutschlaaaand!
Fuenfter Platz fuer Eric und David
- Um August 18, 2008
- Von mtank
- In Peking 2008
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Heute nur kurz: wir sind raus! David und Eric haben gegen USA verloren, was an sich keine grosse Ueberraschung ist.
Nachden sie sich zunaechst an die Taktik des Trainers gehalten und ueber Dalhauser zum Erfolg zu kommen versucht hatten, ging der erste Satz deutlich verloren und wir hatten keine Break-Chance. Es spricht fuer unsere beiden, dass sie die Taktik aenderten und damit Erfolg hatten. Todd Rogers, der in diesem Turnier insgesamt nicht seine bekannte Leistung bringt, wurde erfolgreich unter Druck gesetzt, so dass wir mehrfach fuehrten. Beim Stand von 8:7 kam es dann zu der auch in der Presse diskutierten Fehlentscheidung. Dalhauser griff beim Block ueber und beruehrte den Ball, bevor David ihn gespielt hatte. Ein klarer Regelverstoss, den jeder im Stadion gesehen hat, nur die beiden Herren Schiedsrichter entschieden auf regulaeren Punkt fuer USA. Das regte Eric und David (berechtigterweise) dermassen auf, dass sie mit dem Schiedsrichter diskutierten und dann zunaecht eine gelbe Karte wegen Spielverzoegerung und dann eine rote Karte (Punkt fuer USA) erhielten. Statt 9:7 fuer uns stand es 9:8 fuer die USA. Dennoch erreichten David und Eric beim Stand von 20:18 zwei Satzbaelle (ohne die Fehlentscheidungen haetten wir den Satz bereits gewonnen), schlugen aber jeweils gaaaaanz knapp ins Aus. Danach machten die Amis, was sie koennen: cool bleiben und auf die Chance warten, die dann zum 22:24 kam.
Zumindest einen dritten Satz haette das Spiel verdient gehabt, und wer den gewonnen haette, werden wir nie erfahren.
Nach Rueckkehr ins Dorf wurde mir gleich eroeffnet, dass ich morgen und uebermorgen in der Medizinzentrale Dienst zu schieben habe. Find ich gar nicht komisch, weil ich eigentlich mal was von Olympia sehen wollte, aber muss ich wohl machen. Nachdem die meisten Teams nun vorzeitig nach Hause fliegen, werde auch ich versuchen, Peking den Ruecken zu kehren und mich um die Praxis zu kuemmern. Mal sehen ob man den Delegationsleiter ohne vollstaendige Delegation weglaesst, oder ob ich wegen einiger weniger doch die gesamte Zeit hier sein muss. Schliesslich ist ja Ende August wieder Deutsche Meisterschaft in Timmendorf, also schon wieder die Praxis geschlossen.
Da war es nur noch eins
- Um August 17, 2008
- Von mtank
- In Peking 2008
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Die Maedels haben es hinter sich…
Nachdem Sara und Laura nie ihre Nerven in den Griff bekommen haben und die Oesterreicher das Turnier ihres Lebens spielten, ging das Spiel trotz 14(!) direkter Aufschlagpunkte ungluecklich verloren. Wir haben zwar das Spiel dominiert und auch mehr Punkte als der Gegner erzielt, leider aber nicht die entscheidenen Punkte gemacht. Das aber unterscheidet ein gutes Team von einem besseren Team. Und an diesem Abend waren die Oesterreicherinnen, die nichts zu verlieren hatten, eben genau um das Quentchen lockerer, konsequenter und gluecklicher, um den letzten Punkt zu erzielen.
Unser „B-Team“ ;-)) hatte es etwas schwerer. Mit Brasiliens Verlegenheitsmannschaft (Ana Paul spielt fuer die Kreuzband-geschaedigte Juliana) wartete eine loesbare aber nicht leichte Aufgabe. Nachdem sich die Taktik in den ersten Ballwechseln als richtig erwies und wir 7:2 fuehrten, brauchten die Brasilieanerinnen genau eine Auszeit, um sich klar zu wereden, dass der Schluessel zum Spiel bei Stephie lag. Nach dieser ersten Auszeit wurde Stephie unter Druck gesetzt und hielt diesem nicht stand. Okka’s Bemuehungen ihr zu helfen brachten keine Stabilitaet, so dass am Ende eine schlechte deutsche Leistung zu einem klaren Sieg der Maedels aus Ipanema fuehrte. Immerhin gewann mit Ana Paula eine der Grande Dames des Beachvolleyball ihr wohl letzten Spiel bei Olympischen Spielen. Gegen die USA heute wurde Brasilien naemlich von Misty und Kerry demontiert. Mit Ana Paula verlaesst eine der Spielerinnen mit starker Ausstrahlung und beeindruckender Persoenlichkeit den Olympischen Zirkus. Von ihrer Sorte fehlen welche auf der Tour…
Ueberraschungssieg gegen China
David und Eric konnten am folgenden Morgen erstmals ihre volle Leistungsfaehigkeit abrufen und liessen sich auch nicht von den 12 000 ueberwiegend chinesischen Zuschauern beeinflussen. Deutlicher als gehofft konnten die Chinesen bezwungen werden. Allerdings wartet in diesem Baum des Spieltableaus nun USA I (Rogers/Dalhauser). Dieses Duo hatte zuletzt immer Glueck, wenn es knapp wurde und duerfte nur sehr schwer zu schlagen sein. Und falls wir diese Huerde meistern sollten waere mit Nummerdor/Schuil im Spiel um den Einzug ins Halbfinale der dritte superschwere Brocken vor uns.
Aber wir denken von Spiel zu Spiel und haben den Vorteil, dass nach den anfaenglichen Leistungen der beiden niemand mehr etwas erwartet. Vielleicht schafft das die noetige Lockerheit, die allen anderen Teams hier gefehlt hat.
Langsam zeigen sich Ermuedungserscheinungen
Das Hauskeeping, bei uns von Blauhemden (=unbezahlte Freiwillige) durchgefuehrt, wird immer schlechter. Gefegt wird nur in der Mitte des Zimmers, falls etwas rumliegt wird es nicht hochgehoben, sondern drum rum gearbeitet. Inzwischen schrubben wir das Bad selbst, weil die chinesischen Normen fuer Hygiene hier immer mehr Platz greifen. Dass die Waescherei ihren Namen nicht verdient, hatte ich schon mal bemerkt. Aber das gelieferte Handwaschmittel ist super. Mann legt die Sachen etwa 8 Stunden ein und muss dann gut spuelen, damit wird’s auf jeden Fall sauberer, als in der Waescherei. Und die Haende sind auch gleich sauber, man muss nur aufpassen, dass einem nicht die Haut abfaellt :-).
Gestern waren Ekke und ich erstmals im Deutschen Haus. Bier aus Glaesern, Essen von Geschirr aus Porzellan und Metallbesteck!Wer wir wir nun fast 3 Wochen nur von Pappe isst und Plastikbesteck bekommt (Green Olympics, alles wird recycelt – sagen sie jedenfalls), freut sich auf „anstaendiges Besteck und Geschirr“.
Das Deutsche Haus, im Hotel Kempinski gelegen, ist ein Treffpunkt fuer Athleten, Trainer und Sponsoren. Das deutsche Fernsehen haelt sich dort auf und dreht in einem abgeteilten Bereich. Und man kann ARD/ZDF sehen und bekommt mal etwas mit. Ansonsten ist dort alles akkreditiert, dass sich wichtig fuehlt, oder als solches angesehen wird. Natuerlich alle Olympiateilnehmer und deren vollakkreditierte Coaches. Wer zu den Hauptsponsoren gehoert, kann Leute einladen und diese haben dann den vollen Service. Das bedeutet: man kommt durch die per Fingerabdruck gesicherten Eingaenge rein und raus, man kann kostenlos essen und trinken, erlebt alle Medaillengewinner live auf der Buehne oder an der Theke, kann Promis treffen oder solche, die dafuer gehalten werden (Man glaubt es nicht, aber Frau Almsick ist live echt kein Hingucker), kann den Reisebueroservice nutzen und bekommt auch sonst bei ziemlich allem, was einem Probleme macht, Unterstuetzung. Und man darf auf Mercedes-Benz Shuttles zurueckgreifen, was angesichts der Taxifahrprobleme (die normalen Taxifahrer verstehen nichts und duerfen auch kaum irgendwohinfahren) eine wesentlich Erleichterung ist. Es ist nicht ratsam hier irgendwie zu Fuss oder gar mit oeffentlichen Verkehrsmittel zu fahren, obwohl unsere Akkreditierung ueberall als Ticket gilt und wir keine Fahrkarten brauchen. Busse/U-Bahnen sind voll und zwar im asiatischen Sinne voll. Einatmen wird schwierig, so wird da gedraengelt und eben auch geschickt geklaut.
Dennoch: Der Bruder eines unserer Athleten hat seine Papiere, Kreditkarte, Handy im Taxi vergessen, hatte aber gluecklicherweise die Taxiquittung in der Hosentasche. Der Fahrer ist tatsaechlich nach einem Anruf umgekehrt und hat alles unberuehrt zurueckgebracht. Ob das in Deutschland so auch passiert waere?(Bei uns gibt es ja kaum einheimische Taxifahrer:-)))
Heute ist Athletenabend im Deutschen Haus. Das bedeutet, dass keine „fremden Gaeste“ und vorallem keine Journalisten rein duerfen. Wir Nichtathleten sind geduldet, koennen aber bestimmte Bereiche nicht betreten, damit die Sportler mal unter sich sind. Diese Veranstaltung, die ich schon in Atlanta und Athen erlebt habe, ist ein echter Gewinn. Das deutsche Haus ist ueberladen an Menschen, von denen man sich fragt, was die da suchen, und da tut ein Tag, der der Kernmannschaft gewidmet ist, echt gut.
Auf jedenfall gibt’s lecker Weisswein und gutes Essen. Allerdings muessen wir morgen frueh raus, weil unsere Jungs um 10 gegen USA spielen und das interne Protokoll, der individuelle Count Down vor dem Spiel, startet bei uns 2 Stunden vorher. Und davor muss man wach sein, gefruehstueckt haben und seine Klamotten zum Shuttle tragen.
Ich hoffe doch sehr, dass das morgen nicht das letzte Mal ist, dass wir das Procedere durchlaufen. Unsere Hallenmannschaft weiss seit gestern, dass Olympia morgen endet, wenn sie nicht voellig unerwartet Brasilien schlaegt. Und das erwartet niemand, nicht mal sie selbst.
Ueberhaupt wird alles etwas lockerer hier, weil die, die fertig sind, feiern oder Olympiatourismus betreiben. Bis jetzt ist es noch so ruhig geblieben, dass man noch gut schlafen kann. Das habe ich schon anders erlebt.
Ich hoffe ich kann im naechsten Beitrag von einer erfolgreichen Schlacht gegen USA berichten. Fuer die, die es im Fernsehen verfolgen wollen: Wir spielen um 4.oo Uhr MESZ.
Erste Enttaeuschung – Medaillenanwaerter scheiden aus
- Um August 15, 2008
- Von mtank
- In Peking 2008
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Fairness zahlt sich nicht aus. Das mussten wir gestern lernen. Das nur bei Olympia aus vermeintlicher Erschwernis von Manipulationen eingefuehrte Wertungsystem hat sich selbst ad absurdum gefuehrt. Wer fair ist fliegt raus. Der Weltverband hat sich selbst ein Ei ins Nest gelegt und nun ist eine heftige Disskusion daraus entstanden. Ist es nun Dummheit, oder sind wir Deutschen zu ehrlich, zu fair?
Der Sachverhalt: Anders als auf „normalen Turnieren“ zaehlen Saetze bei der Abrechnung im Pool nicht. Stattdessen zaehlen nur die kleinen Punkte, also die Summe aller erzielten und abgegebenen Punkte, – daraus errechnet sich ein Quotient, die Pointratio.
Bei Gleichheit im Pool, also wenn zwei Teams gleichviele Spiele gewonnen haben (Saetze zaehlen nicht!), wird der direkte Vergleich gewertet. Wer also das Spiel gegeneinander gewonnen hat ist von den beiden gleichen Mannschaften vor der anderen plaziert.
Ganz anders ist es, wenn drei Mannschaften gleich sind. Da zaehlen zuerst die Punktquotienten. Dadurch ist dann eine Mannschaft Erster, die beiden anderen werden dann aber wieder nach dem direkten Vergleich bewertet.
Nun unsere Situation:
Durch den Sieg gegen Cuba und die Niederlage gegen USA waren Okka und Stephie vor dem Spiel mit 2:2 Punkten gelistet, Holland hatte nach 2 Niederlagen 0:4 Punkte. Da Cuba gegen USA verlor und damit 2:4 Punkte hatte, waren folgende Konstellationen denkbar:
Deutschland verliert gegen Holland, dann haben alle drei Mannschaften hinter den USA (6:0) ein Spiel gewonnen und 2 verloren. Da diese drei nun gleich sind, zaehlen zuerst die kleinen Punkte, bei denen Cuba sehr gut stand, da sie die Hollaender nach deren disastroeser Leistung hoch besiegt hatten. Nach dem Cuba also dann wegen des Punktquotienten Gruppenzweiter waere, wuerde zwischen Holland und uns der direkte Vergleich zaehlen, den Holland gewonnen haette und wir waeren letzter und damit raus.
Nun kaeme es also auf die kleinen Punkte an. Wenn wir Holland sehr hoch gewinnen liessen, so dass sie einen besseren Punktquotienten erreichten als Cuba, ergaebe sich die Konstellation, dann Holland zweiter ist und wir dritter, da Cuba den direkten Vergleich gegen uns verloren hat. Es wurde also eine hohe Niederlage dazu fuehren, dass wir dritter sind und damit zumindest noch ein Spiel um den Einzug in die naechste Runde haetten, eine knappe Niederlage haette zum Ausscheiden gefuehrt. Soweit das besonders sinnige System des Weltverbandes.
Dadurch dass die Maedels gewonnen haben, brauchte nicht gerechnet zu werden, und Holland war raus.
Bei den Junge ereilte uns aber das eben geschilderte Schicksal. Brink/Dieckmann haetten im zweiten Satz nicht mehr als 14 Punkte bekommen duerfen, dann waeren sie Dritter und Japan waere raus gewesen. Durch die knappe Niederlage (22:20 im zweiten Satz) wurden wir Letzter und Holland durfte um den Einzug in die naechste Runde spielen. Wer kaempft wird bestraft und wer abschenkt hat eine neue Chance – ist das der sportliche Gedanke?
Das Spiel gewannen Eric und David dann aber, so dass wir nun morgen frueh China herausfordern duerfen. Da die Chinesen vormittags und wir immer gegen Mitternacht gespielt haben, duerfte unser wesentlicher Nachteil in der Umstellung der Zeit liegen. Die Jungs haben immer bis Mittags geschlafen um nachts fit zu sein und nun sollen sie um 9 den Wettkampf beginnen. Ist zwar nicht fair, aber der TV-Forderung nach Quote geschuldet.
Heute beginnt die K.O.-Runde der Maedels, mit den Kueken gegen Oesterreich, und danach werden wir vom neu formierten Brasilienduo (eine Spielerin fiel wegen Kreuzbandrisses aus) herausgefordert. Koennte eng werden, kann aber klappen. Ich hoffe, dass heute noch nicht fuer die Maedels Schluss ist, denn ab nun bedeutet jede Niederlage das Ausscheiden (ausser im Halbfinale natuerlich).
Nach nun 2 Tagen mit reichlich Regen haben wir heute beste Bedingungen, es ist warm aber nicht schwuel und die Luft ist erstmals rein.
Heute abend bei Harald Schmidt und Harry wird HaraLd das baggern beigebracht, Studiogaeste sind Sara und Laura, die um die Zeit hoffentlich schon 5. sind!
Die Stimmung im Team ist bescheiden, was immer passiert, wenn etwas Unvorhergesehenes eintritt. Dass die Mannschaft, die sich selbst die GOLD-Medaille als Ziel gesetzt hat, nur eine maessige und zwei schlechte Leistungen zustande bringt, trifft alle schwer. Auszuscheiden, wenn man seine Leistung gebracht hat, ist okay, aber von sich selbst enttaeuscht zu sein, tut weh. Gruede gibt es viele, – dass wir unser geplantes Trainingslager nicht durchfuehren durften, ist sicher einer davon.
Ich hoffe nur, dass ich nicht heute Abend nur noch eine Mannschaft im Turnier habe und die dann morgen Mittag auch schon raus ist. Ich will zwar auch mal was von Peking sehen, aber so hatte ich mir das nicht vorgestellt.
Nun wird’s Zeit, die Maedels fahren raus und die Medizin muss mit!